Tuesday, December 28, 2010

Deutschland im Krieg


Osnabrück nennt sich Friedensstadt. Doch der Krieg ist, seit die Stadt sich diesen Zweitnamen zugelegt hat, auch immer Teil vieler Menschen, die hier leben. Bevor die Bundeswehr in Kriegsgebiete geschickt wurde, hatten wir zum Beispiel die Briten, die schon bei der Operation Desert Storm 1990 im Zweiten Irakkrieg eingesetzt wurden.
Abschied 2006

Meiner Meinung nach gab es vor Ort nie großes Interesse, sich mit den Details des Einsatzes und den Erfahrungen der Soldaten auseinanderzusetzen. Das hat sich fortgesetzt, als deutsche Bundeswehrsoldaten im Kosovo, in Bosnien und später Afghanistan stationiert wurden.
Ich habe das Gefühl, entweder lehnt man Kriegseinsätze ab, oder man billigt sie. Nuancen sind seltener zu finden. Und obwohl viel über Krieg und Frieden gestritten wird, ist verhältnissmäßig wenig zu erfahren, was wirklich geschieht.
Diese jungen Iraker, Katholiken, die ihr Land verlasssen haben. Man hätte sie über ihre Erlebnisse, ihren Hintergrund, warum sie jetzt in Skandinavien leben, befragen können, 2005 beim Weltjugendtag in Osnabrück. Die Presse hat es als Fußnote registriert, das war es.
Iraker auf dem Weltjugendtag
Solche Lücken schließt zum Beispiel das Erfahrungsbuch der Bundeswehrsoldatin Daniela Matijevic. Aus Osnabrück stammend wurde sie in das Kosovo entsandt. Drei Monate dauerte der Einsatz. Und davon berichtet sie nun seit Monaten auf Lesereisen und Vorträgen. Zum Beispiel im letzten Jahr im Lutherhaus.
"Daniela's Blog"
Zuletzt gab es Resonanz in den Suttgarter Nachrichten:

Zwei Gesichter, die einen das Umdenken lehren. Daniela Matijevic und Heike Groos entsprechen nicht dem Bild, welches die Deutschen von einem Veteranen haben. Matijevic hat den Deutschen Veteranenverband gegründet; Groos ist zweite Vorsitzende des Bundes Deutscher Veteranen. 2010 hat die Bundesrepublik zwei Veteranen-Organisationen. Hier sitzen nicht Männer um die neunzig, die ergreifend von Stalingrad sprechen. Schlimm war das damals. Sofort werden Bilder wach im Blitzlicht der Erinnerung - lebendig selbst für die große Mehrheit der mehr und weniger Jüngeren, die den Wahnsinn des Zweiten Weltkriegs nur aus Erzählungen kennen oder aus Dokumentationen. Es fällt einem die Liedzeile der Kölner Rockband BAP ein, in der Wolfgang Niedecken singt: "Ich kenn von all dem zwar nur Bilder, doch die kenn ich ganz genau."
...

Der Kampf der Veteranen, von Claudia Lepping

Schon lange her, Erlebnisbericht von Pädagogen für bosnische Flüchtlingskinder - in Osnabrück Anfang der 90er:
Ein immer wiederkehrendes Thema ist auch in diesem Zusammenhang
die Schwierigkeit für uns Lehrkräfte, Distanz und Nähe zu
bewahren. Wir müssen viel Hintergrundwissen haben. Wir müssen
verstehen, warum alle Kinder blitzschnell unter den Tischen verschwinden,
wenn ein Hubschrauber dicht über die Gebäude fliegt.
Wir müssen beruhigen und auch trösten, z.B. bei Unglücksnachrichten
aus Bosnien. Dem können wir ausnahmslos gerecht
werden - keine und keiner von uns hat z.B. Probleme damit, Kinder
in den Arm zu nehmen, wenn sie das brauchen. Aber so manches
Schicksal geht einem so nahe, daß es "einem nachts auf die Bettdecke
springt", so der Stoßseufzer einer Kollegin. Unsere
PartnerInnen und Familienangehörigen beschweren sich manchmal
über das Gewicht, das die Arbeit mit den bosnischen Kindern
bekommt.


aus: Schwierigkeiten pädagogischer Arbeit
mit Flüchtlingskindern in der Schule -
und was wir dagegen tun können

Anke Fedrowitz

Monday, November 29, 2010

Wieder mal Osnabrück


Weltjugendtag Osnabrück
Originally uploaded by Jens-Olaf
Bischof Bode hat es getan. Was man sich sonst woanders von der Katholischen Kirche wünscht. Schuldbekenntnis und Aufräumen wegen der Mißbrauchsfälle. Selbst die TAZ lobte schon am 17. 11.:

"Ein Bischof hebt den Teppich an

Respekt verdient der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode. Denn sein konsequentes Vorgehen gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche ist alles andere als selbstverständlich. ..."

Nun hat er auch im Dom ein Zeichen gesetzt, und ich meine, woanders mit mehr Medienrummel, hätte das so kaum stattfinden können.
Für einige ist das immer noch zu wenig, nun ja. Aber wie gesagt, Bischof Bode war der Erste.
Foto NOZ:


Foto: Gert Westdörp
“Doch letztlich ist der Schaden nicht wiedergutzumachen“, sagte er. Die Taten dürften das Klima in der Kirche nicht weiter “unentdeckt vergiften“. Er betonte, dass die Missbrauchsfälle Änderungen in der katholischen Kirche in ganz Deutschland zur Folge haben müssten. Im Bistum Osnabrück sind bislang 28 Missbrauchs-Hinweise eingegangen.

Bei einer Klausurtagung im September hatten Laien und Priester über Konsequenzen für das Bistum geredet. Geplant ist unter anderem, mehr Frauen in kirchliche Führungspositionen zu bringen und den Einfluss von Laien in den Kirchengemeinden zu stärken. Bei dieser Klausurtagung war Bode auch um den Bußgottesdienst gebeten worden.

Come-On.de

Thursday, November 18, 2010

Gartengestaltung


In einem Film mit dem französischen Komödianten Jaques Tati, Mon Oncle, spielt ein futuristisches Haus eine große Rolle, auch der Garten. Den Film habe ich vor Jahrzehnten gesehen. Das Merkwürdige, tatsächlich haben wir lange Zeit diese Aussicht auf den Nachbargarten gehabt, vorweggenommene Realität:
Kinderbilder 069
Das zweite Foto ist jetzt ebenfalls Geschichte.

Ein Update, möglich:

Saturday, November 06, 2010

Sowas schon gesehen?


Untitled-Scanned-01
Originally uploaded by drakegoodman
Ich nicht. Drakegoodman ist ein Mitglied von Flickr, und wir posten immer wieder über den 1. Weltkrieg. Aber so ein Gruppenfoto ist mir noch nicht untergekommen.

Thursday, October 21, 2010

Ein Osnabrücker in Schwäbisch Hall, oder was !?


Ein Osnabrücker?
Originally uploaded by Jens-Olaf
Diese Begegnung mit einer bekannten Skulptur aus Osnabrück hatte ich schon fast vergessen. In Schwäbisch Hall stand auf einmal der "Mann im November" von Waldemar Otto am Marktplatz.
1974 wurde die Figur geschaffen.

Ist er in den Südwesten ausgewandert, weil dort der November erträglicher ist, oder hat er einen Doppelgänger?

Monday, October 18, 2010

Warburg - noch `ne Stadt mit Steinwerkgeschichte

Osnabrück hat westfälische Wurzeln, also ist Warburg Nachbarschaft. Ostwestfalen. Eine der Städte in Deutschland, die unbekannt sind, aber die einen überraschen können, wenn man sie das erste Mal besucht. Vorausgesetzt man mag alte Städte.
Und jetzt kommen die unvermeindlichen Parallelen mit Osnabrück. Sie besitzt eine Alt-und eine Neustadt. Beide alt und vereinigt. Anders als bei uns bauten sie am Ende ein gemeinsames Rathaus genau auf der Grenze.
Stadtbild: Durch die Gebirgslage ist ein Teil Oberstadt, der andere Unterstadt. Und die Stadt soll ehemals Steinwerke besessen haben, jedenfalls laut dieser Webseite der Familie Thonemann:

Neben den Fachwerkhäusern („hüser“) und Steinwerken („steyn kameren“) gab es in der Altstadt von Warburg auch eine Anzahl von steinernen Wohnhäusern, die in alten Urkunden als „steynhüser“ ausdrücklich hervorgehoben wurden und sich vorwiegend im Besitz von Adeligen und Patriziern befanden. Da diese Oberschicht ihr Einkommen aus Lehnsgütern, ministralen Ämtern oder der Beschäftigung von Bediensteten bezog, war in ihren Häusern ein der Straße zugeordneter Wirtschaftsraum („Deele“) nicht notwendig. In der Regel wurden die Steinhäuser über die meist großen Grundstücke von der Traufseite her erschlossen und wahrscheinlich von mehreren Nebengebäuden umgeben. Das älteste datierte Steinhaus in Warburg ist das „Haus zum Stern“, Sternstraße 35, aus dem Jahre 1340, heute Stadtarchiv und Museum.

Hier wäre wissenschaftliches Referenzmaterial im Internet erwünscht, aber online ist wohl immer noch ohne Zukunft, stellenweise.Warburg erreicht man in anderthalb Stunden mit dem Auto Richtung Kassel.


Vom selben Fotografen die Burgruine Desenberg bei Warburg. Einer meiner favorisierten Orte: Quelle: Wikipedia Rekonstruktion der Burg.

Wednesday, October 13, 2010

Ältestes Steinhaus in Volkmarsen - ein Steinwerk?


Ältestes Steinhaus in der Volkmarser Altstadt stellt sich vor Bildergalerien Foto & Video / WLZ/FZ-online.de


Da ich andauernd das Netz nach steinernen Gebäuden des Mittelalters absuche, landet man doch ab und zu einen Treffer, was steinwerkähnliche Bauten betrifft. Seit 2009 ist das älteste Haus von Volkmarsen wieder hergerichtet. Baujahr um 1350.

Ältestes Haus in der Altstadt Volkmarsens
700 Jahre Stadtgeschichte in die Neuzeit gerettet


und

Ältestes Haus in der Volkmarser Altstadt stellt sich vor

Auch hier Parallelen mit den Osnabrücker Steinwerken. Aber Zufluchtstätte für Adlige, wieso eigentlich? Also dann eher die Bremer Variante, Schutz vor Dieben, wenn man unterwegs ist.

Umso deutlicher rückt das alte Steinhaus in den Blick des Betrachters. Das zweigeschossige Gebäude mit Keller wurde wahrscheinlich um das Jahr 1350 aus Buntsandstein als Speicher für Getreide und Zufluchtstätte für Adelige errichtet.
Der Baustoff Stein galt als wertvoll und wurde hier aus Brandschutzgründen verwendet. So konnte dieses Gebäude den großen Stadtbrand von 1668 überstehen. Davon zeugen Rußspuren.


Volkmarsen liegt in Nordhessen.

Monday, October 11, 2010

Return of the Swamp Ladies of Estonia

Return of the Swamp Ladies of Estonia
Wer schon mal ein größere Anzahl von Dokumenten eingescannt und hochgeladen hat, weiß, wieviel Arbeit in diesem Post steckt. Hier finden sich viele Abbildungen vor allem aus Büchern mit denen Kinder in Estland groß geworden sind.

Saturday, October 09, 2010

Merkwürdig


Quelle
Da erscheint ein Buch über Osnabrück, aber es gibt kaum eine deutschsprachige Erwähnung darüber im Internet. Immerhin hat Panikos Panayi, ein britischer Historiker, die Jahre zwischen 1929 bis 1950 untersucht. Schwerpunkt ist die Alltagsgeschichte, besonders zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen und Minderheiten. Ich bin jetzt erst darauf gestoßen.


Wenigstens Sebastian Weitkamp von der Universität Osnabrück hat über das Buch eine Rezension verfasst:
...
Als zentrale Zielsetzung des Buches sollen die Kontinuitäten und Diskontinuitäten im Alltagsleben ethnischer Gruppen in Osnabrück von 1929 bis 1949 beschrieben werden, wozu der Migrationswissenschaftler insbesondere die Erfahrungen von christlichen und jüdischen Deutschen, Flüchtlingen, Sinti und Roma sowie Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen untersuchen möchte. Vielversprechend ist dabei der zeitliche Rahmen der Untersuchung, der nicht – wie oft üblich – auf die Zeit des Dritten Reiches beschränkt bleibt, sondern bewusst den Bogen schlägt von der Krise der Weimarer Republik bis in die ersten Nachkriegsjahre. Panayi begründet dies damit, dass alle genannten Gruppen in dem angegeben Zeitrahmen enormen Umbrüchen und Transformationen im Individuellen wie im Gesellschaftlichen ausgesetzt waren. ...


http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-1-141

Panayi, Panikos
Life and Death in a German Town. Osnabruck from the Weimar Republic to World War II and Beyond
Macmillan: Life and Death in a German Town: Osnabrück from the Weimar Republic to World War II and Beyond (International Library of Twentieth Centruy History): Panayi: Books

Wenn man weitergoogelt, findet man immer wieder Osnabrück in Panayis Arbeiten, so auch Immigranten aus dem Osnabrücker Land in England im 19. Jarhundert.

A small number of immigrants from the Osnabrück district entered the country because members of their families already lived there. For instance, Anton Friedrich Schröder emigrated from Quakenbrück in 1866 because of the residence of his brother-in-law in London, while Johann Thies, who left in the same year, had an uncle in London.[24] More solid evidence for chain migration exists in the residence of Germans from particular states in particular areas of Britain. For instance, for much of the nineteenth century east London acted as a focus for natives of Hanover and Hesse.[25]


aus: The Settlement of Germans in Britain
during the Nineteenth Century


Andrew Stuart Bergerson mit einer kritischen Betrachtung des Buches:
National History Locally Illustrated

Saturday, October 02, 2010

Stuttgart

bei Stuttgart


Stuttgart
Originally uploaded by Jens-Olaf
Vorzeigedeutschland, so kommt es einem vor, wenn man nicht mehr im Lande wohnt und wieder mal vorbeischaut. Jedenfalls die Gegend um Stuttgart.
Vor einem Jahr auf der Durchreise nach Schwäbisch Hall. Seitdem habe ich nur durch das Internet Kontakt mit deutscher Politik. Und was man nun aus Stuttgart wegen des Projekts Stuttgart 21 zu sehen bekommt, scheint etwas Anderes als politisches Tagesgeschäft zu sein. Mittlerweile hatte ich kein Gefühl mehr für Stimmungen, aber hier scheint sich noch was anzubahnen.

Für mich nachvollziehbar ist vor allem die Kritik an den steigenden Kosten, ein typischer Faktor bei Großprojekten. Man fängt mit zwei Milliarden an und nach und nach ändern sich die Ziffern. Das mit dem: Wir haben alles demokratisch beschlossen, ist richtig. Aber, wenn sich die Sachlage ändert?


Wikipedia: Stuttgart 21, die Diskussion

Tuesday, September 21, 2010

Der Duisburg-Osnabrück-Vergleich


Saubere Arbeit, ich liebe Visualisierungen. Gerade, wenn es um das eigentliche Mittelalter geht. Also die Zeit, wo noch nicht das bei uns übliche Mittelalter-Stadtbild vorliegt. Meist steht in unserem historischen Gedächtnis eine Stadtkonstruktion von 1500 oder 1600. Nur als die Städte ihre ersten Ummauerungen bekamen, sah es oft noch anders aus. Die Stadt Duisburg, im weiten Umkreis der frühen westfälischen Städte, hat die bisherigen archäologischen und historischen Kenntnisse zu dieser Darstellung modelliert:

Duisburg 1200


Das Ganze ist auf der Seite Archäologische Ruhrzeiten zu finden

Oben sieht man die Ähnlichkeit zu der Rekonstruktion der Bremer Stadtlandschaft um 1300. Größte Auffälligkeit sind die Steinhäuser und das recht großzügige Freilandverhältnis innerhalb der Mauern.
Der Vergleich mit den Steinwerken in Osnabrück steht noch aus, aber Parallelen sind erkennbar:

Besonders die Steinbauten mit einem Vorderhaus. Ich wüsste zu gern, ob es hier einen Austausch mit dem Osnabrücker Forschungsstand gibt.

Saturday, August 28, 2010

28.08.10


28.08.10_68
Originally uploaded by robbodog
robbodog mit einer ganzen Fotoserie zu den Fluten in Osnabrück. Hier das THW im Einsatz.

Hochwasser im Osnabrücker Land

jp meyer hat diese Aufnahme wohl bei Melle gemacht, tippe stark auf die Haseniederung, die selten so überschwemmt wird.
In Osnabrück gab es deswegen schulfrei.

Tuesday, July 27, 2010

Unsere Nachbarn

Der Erste Weltkrieg. Und in den Gesichtern ist der selbe Ausdruck, wie er über 20 Jahre später wieder passen könnte. Zeitlos. Belgische Soldaten.

Flickr-Mitglied "drakegoodman" lädt unablässig alte Fotos hoch, vor allem von deutschen Soldaten dieser Zeit. Und es interessant zu beobachten, dass selbst über 90 Jahre später die Bildererinnerung wieder zunehmen kann. Dank Internet. Sonst würden unsere Eindrücke auf einige wenige Bilder reduziert, trotz Millionen toter Soldaten. Das ist der Gegentrend.

Sunday, July 11, 2010

Hexen und Zauberinnen in Osnabrück


Wer ein wenig die Osnabrücker Geschichte kennt, wird sehr bald auf die sogenannten Hexenverfolgungen stoßen, die in Wellen im 16. und 17. Jahrhundert auftraten.
Gemeinhin wird so etwas dem Mittelalter unterstellt. Und das beginnt in Osnabrück um 800. Bis Mitte des 16. Jahrhundert müssen also fast 800 Jahre vergehen und wir landen dann aber nicht im Mittelalter, sondern in der Neuzeit. Viele Faktoren führten zu den in diesem Maße unbekannten Vorgehen gegen verdächtige Personen, vor allem Frauen.
Auf Themenführungen durch die Osnabrücker Altstadt kann man die örtlichen Details erfahren und ein Historiker bestätigt in einem 2007 erschienen Buch die in Osnabrück erklärten komplexen Zeitumstände, Änderung der Rechtsanwendung oder zum Beispiel:
"Theoretisch hätten die Prozesse vor ein kirchliches Gericht gehört - und die populären Vorstellungen nehmen genau das an-, aber es sind die weltlichen Gerichte, die im Sinne der von den spätmittelalterlichen Stadträten entwickelten Aufsicht über die Sitten diese Prozesse führten." (Schubert 2007). Passt genau auf Osnabrück.

Ernst Schubert in "Räuber, Henker, Arme Sünder (2007):

Im Kapitel 7 Die Hexenprozesse:

Die Forschungsgeschichte der Hexenprozesse erweist, wie tief das Vorurteil von der Grausamkeit des Mittelalters selbst in der Wissenschaft verwurzelt war. Ungeachtet aller Quellenaussagen stand lange fest: Der Hexenwahn gehört zum Mittelalter; die frühneuzeitlichen Massenprozesse sind nur Folgeerscheinung. Kritische Stimmen gegen diese Auffassung mehren sich zwar seit etwa zwei Dezennien, aber sie sind erkennbar noch nicht in das allgemeine Bewusstsein gedrungen.


Im Gegensatz dazu ist im Buch der Johanneskasten im Bucksturm erwähnt, und hier treffen wir nun eher auf einen ungewöhnlichen aber mittelalterlichen Strafvollzug.

Wie akribisch Vorgänge um verfolgte und als Hexe beschuldigte Frauen in Osnabrück aufgezeichnet wurden, zeigt dieser Brief der Ratsherren vom 7. Mai 1583 an das Domkapitel, dass besagte Frauen, die auf die katholische Johannisfreiheit der Neustadt geflohen waren, auszuliefern seien. Ein diplomatisches Schriftstück. Im übrigen wird hier von Zauberinnen gesprochen:


Johanniskirche Osnabrück
Johanniskirche, Kapitelhaus
In diesem Bereich Osnabrücks gab es keine Hexenverfolgungen.

Thursday, July 01, 2010

Das Dreieck

Now we (German fans) feel the same
Eines der Bilder, an die ich mich gut vor vier Jahren in Osnabrück erinnern kann, ist der türkische Fan vor einem Supermarkt in der Iburger Straße. Nicht die deutsche Mannschaft hatte er unterstützt sondern die argentinische bei der WM 2006. Und die hatte gerade verloren.
Nur, diesmal spielt unter anderem Mesut Özil, geboren in Gelsenkirchen, und alles sieht ziemlich anders aus im deutschen Nationalteam.
Cyrus Farivar hat einen kurzen Podcast darüber verfasst. Cyrus, ein Iraner aus San Francisco, jetzt in Bonn lebend. Neue Zeiten:
Mesut Özil

Steinernes Mittelalter in Osnabrück

Fachwerk steht für Mittelalter, so sehen es viele. Auch in Osnabrück. Doch ist Holz wirklich der wichtigste Baustoff gewesen? Zumindest besteht der Verdacht, dass er in Osnabrück nur bedingt eine größere Rolle spielt. Der Historiker Dr. Karsten Igel hat dazu einen Beitrag verfasst, der seit einigen Monaten im Internet nachzulesen ist:
Die Rekonstruktion des städtischen Raums

... Und, etwas provokativ gefragt, wo finden sich
denn die eindeutigen Belege für diese Fachwerkhäuser? Denn im Blick
auf das Baumaterial täuschen auch die repräsentativen Fachwerkgiebel
der großen Dielenhäuser des 16. und 17. Jahrhunderts (Abb. 6), die nach
zwei verheerenden Bränden der Jahre 1530 und 1613 entstanden:
Mit ihren massiven Brandmauern und rückwärtigen Steinwerken waren sie
eigentlich Steinhäuser mit Fachwerkgiebeln.
Das bisherige Rekonstruktionsmodell beruht wohl auch auf dem Gedanken, dass das Steinwerk vor allem dem Brandschutz diente, das Vorderhaus daher brandgefährdet,
also hölzern, gewesen sein müsse.
Ein so massiver Baukörper diente aber ebenso der sozialen Distinktion.
Auf die Baugestalt wirkten zudem die Möglichkeiten der Baustoffversorgung ein: Während Stein und Kalk unmittelbar vor den Osnabrücker Stadttoren abgebaut werden konnten und Steinbau dank der geringen Transportkosten somit vergleichsweise
günstig war, konnten die Verknappung von Holz und die daraus folgenden
Preissteigerungen gerade auch aufwändig gestaltete Fachwerkgiebel zu
einem repräsentativen Prestigeobjekt werden lassen.
Für die Fachwerkgiebel des 16. und 17. Jahrhunderts sollte auch der Einfluss von Moden bedacht werden, auf einen Wandel vom Stein zum Fachwerk hat Heinrich Stiewe im Rahmen seiner Arbeit zu Blomberg hingewiesen.
Die Strukturen des Spätmittelalters müssen sich darin jedenfalls nicht notwendig
widerspiegeln. Die hohe und günstige Verfügbarkeit von Stein dürfte
auch die anscheinend beispielslos massive Bauweise der Osnabrücker
Steinwerke erklären, macht es aber ebenso wahrscheinlich, dass über
diesen Bautyp hinaus Steinbau alles andere als die Ausnahme im mittelalterlichen Osnabrück war. ...

Hier ein Beispiel für ein vermeintliches Fachwerkhaus in der Kleinen Gildewart. Von der Seite sieht es schon ganz anders aus:
Gildewart
Und noch mehr, wenn ein Steinwerk dazugehört wie in der Krahnstraße, Marienstraße:
Osnabrück Steinwerk Cafe Laer
Und auch die Höfe und Herrensitze in Osnabrück neigten zum Steinbau, der Hakenhof in der Neustadt ist so ein Beispiel:
Osnabrück Neustadt

Sunday, June 20, 2010

Nachtrag Domgrabung 2006

Als die Archäologen die Riesenlatrine im Bickhof des Doms untersuchten, machten sie einen Glasfund. Ein Zitronenglas.
Ein Archäologe lies sich zu einer ersten derben Vermutung hinreißen. Der Bischof habe sich mit dem Glas in der Hand auf den Abort begeben, und dort sei es ihm beim "K....." runtergefallen.

Hier die Fundstelle:
Das Zitronenglas
Eine Übersicht im Video über die Grabungsfläche:

Warum der Bischof vielleicht? Weil solche Gläser kaum in gewöhnlichen Haushalten zu finden waren. Das gehörte schon der privilegierten Schicht.
Domgrabung Osnabrück

Friday, June 04, 2010

Christian Wulff - Bundespräsident?


Noch muss gewählt werden, durch die Bundesversammlung. Aber so etwas hatten schon vor Jahren viele in Osnabrück gehofft (seine Geburtsstadt, müsste bald jedem bekannt sein, so oft wird es schon wiederholt): Wulff in hohen Positionen, in der Regierung. Nicht mehr Niedersachsen und Hannover, sondern Berlin. Aber da dachte man eher an die Kanzlerschaft. Nun wurde es überraschend das Präsidentenamt und weniger regieren, sondern vielleicht repräsentieren. Abwarten.
Die NOZ mit schoenem Lokalpatriotismus, aber das betreibe ich auch gern:
Ein Osnabrücker im Schloss Bellevue: Christian Wulff soll Bundespräsident werden

Die Neudeutsch-Variante bei der OScommunity:
Christian Wulff for President

Und da freut es uns, wenn in den Tagesthemen auch das Osnabrücker Schloß im Hintergrund auftaucht, mitsamt Christian Wulff. Denn in Osna kann man Jura studieren, und das hat er auch.

Sunday, May 23, 2010

Die Bogenbrücken-Parallele

Brücke  Felix-Nusbaum-Museum
Mich reizt es, immer wieder Vergleiche zu ziehen, historische besonders. Und letztens in Seoul musste ich wieder an Osnabrück denken.
Bogenbrücke
Historische Quellen besagten, dass es einst barocke Bastionen in Osnabrück gab. In Zeiten Napoleons wurden sie geschleift. Zu aufwendig und nutzlos. Alle dachten, die Reste seien verschwunden. Bis auf einmal für den Bau des Felix-Nussbaum-Museum die steinerne Brücke der Bastion wieder auftauchte. Nun liegt Modernes und Geschichte nebeneinander. Und genau das ist auch in Seoul passiert. Lange hatte man sich aufgrund der schriftlichen Dokumente eingeredet, dass nach den vielen Invasionen und Krisenzeiten nicht viel zu holen sei. Während des Wirtschaftsaufstiegs nach dem Koreakrieg wurde mächtig gebaut und Archäologisches verschwand für immer. Wie viel aber stellenweise immer noch im Erdreich steckt, wurde spätestens letztes Jahr deutlich, als ein Baseball-Stadion in einen Park umgewandelt wurde. Die Archäologen fanden ein Wassertor der 18 km Ummauerung aus der Jesoseonzeit wieder. Igansumun
Dongdaemun XIII
Das Besondere: An dieser Stelle wurde ein Wasserlauf vom Namsan kommend geteilt und andersweitig genutzt.
Dongdaemun - Igansumun
Auch eine allgemeine hölzerne Absperrung war früher vorhanden, in den Steinen die dafür vorgesehenen Kerben:
Dongdaemun XII
Und es bleibt erhalten mitsamt anderen Funden und Hausfundamenten in der Umgebung. Etwas verloren stehen jetzt die Flutlichtmasten des Stadions da:
Archäologie und Architektur II
Eine kleine Besonderheit ist dieser Gartenweg aus zweitverwendeten Dachziegeln:
Dongdaemun III
Eine Übersicht, Ingansumun, 이간수문
Igansumun
Zur modernen Architektur des Parks später mehr, eine bekannte britische Architektin steckt dahinter, Zaha Hadid, in Bagdad geboren.
Baustelle Felix-Nussbaum-Museum 1997:
Bogenbrücke
Baustelle Seoul 2010:
Ausgrabungsfeld

Tuesday, May 18, 2010

Ärgernis


Gestern brauchte ich dringend das Foto vom Großen Treffen in Osnabrück. 1998 im Oktober. 350 Jahre Westfälischer Friede. Entweder habe ich die falschen Suchwörter in Google eingegeben oder sonstwas ist schief gegangen. Jetzt scanne ich deshalb die Hauptschlagzeile der NOZ von damals ein. Die Zeitung vergilbt allmählich.

Saturday, May 08, 2010

VfL


Hab' mich gerade an eine alte Fußball-Comicserie erinnert: Kai Falke. Hoffe, dass der VfL Osnabrück heute ebenso erfolgreich ist.

Wednesday, April 28, 2010

Hildesheim-Osnabrück

Seit vergangenem Jahr wird in Hildesheim im Dombereich archäologisch gegraben. Und wieder muss das alte Geschichtsbild korrigiert werden. Hildesheim ist eine der frühen Bischofszentren seit den Zeiten Karls des Großen, aus denen sich die ersten vorstädtischen Siedlungen im Norden entwickelten.
Nun wird auch in Hildesheim die Bautätigkeit des 9. Jahrhunderts deutlicher. Ein Jahrhundert in dem in Osnabrück bereits an zwei verschiedenen Kathedralen gebaut wurde.
Zuletzt hatte sich dieses nach den Kriegszerstörungen geöffnet: Der junge Kunstgeschichtsstudent Joseph Bohland nutzte 1946 die Gelegenheit zu Ausgrabungen vor dem Ostchor. Zum Erstaunen der Fachwelt wollte er damals Spuren einer Rundkapelle entdeckt haben, die noch aus der Zeit vor der Bistumsgründung 815 n. Chr. stammen sollte. Jetzt liegen einige der Steine wieder frei – und diese These ist wohl endgültig vom Tisch. „Die Steine sind eindeutig Teil des Dombaus von Bischof Altfried“, sagt Diözesankonservator Karl Bernhard Kruse – sie stammen also aus der Mitte des 9. Jahrhunderts.

Und:
Im Lichte neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse verblassen freilich alte Mythen: Der Legende nach verlor Ludwig der Fromme einst mitten in der Wildnis ein Silbergefäß mit Marienreliquien. Als man es wiederfand, ließ es sich nicht mehr von einem Rosenstrauch lösen. Das Wunder bewegte den frommen Ludwig, hier eine Kirche zu bauen. Die archäologischen Funde nähren jetzt Zweifel an der Geschichte. „Wir haben Keramik aus früherer Zeit gefunden – die Stelle war wohl längst besiedelt, als Ludwig kam“, sagt Grabungsleiter Brandorff. Zu Zeiten von Bischof Altfried und seinen Nachfolgern – auch das zeigen die freigelegten Mauerreste – befand sich östlich des heutigen Ostchors außerdem eine Kapelle. Wäre der Tausendjährige Rosenstock, der dort sprießt, tatsächlich 1000 Jahre alt, hätte er damals also mitten in einem Gebäude wachsen müssen.


Hannoversche Allgemeine, 27.04.2010
Tja , die alten Legenden müssen wohl überall als solche behandelt werden. In Osnabrück ist es die Geschichte vom Löwenpudel.

Thursday, April 15, 2010

Vorfreude

Hab' heute mal wieder auf der FIFA-Seite nachgeschaut. Der WM-Ticker läuft: Noch 56 Tage. Und ich habe festgestellt, dass noch unzählige Fotos von der WM 2006 auf der Festplatte liegen. Hier in der Iburger-Straße nicht weit vom Rosenplatz:

Traurige Spanier im Alando, die aber später Europameister wurden:


Noch mehr Flaggen:


Ein Stürmer aus Togo hat nach dem Anschlag auf seine Mannschaft in diesem Jahr aufgegeben, sein Leben ist ihm wichtiger. Hier sein Team beim Spiel gegen Korea in Frankfurt 2006:

Thursday, April 01, 2010

Schwedische Spuren

Es gab eine Zeit, da spielten die Schweden eine wichtige Rolle in Osnabrück. Einmal als Besatzungsmacht im 30jährigen Krieg und dann für einige Jahre als diplomatische Vertreter ihres Landes bei den Friedensverhandlungen bis 1648.
Nur heutzutage finden sich nicht mehr viele Spuren. Die Schwedenstraße, wo sie residiert haben, die Portraits im Friedensaal des Rathauses. Ein Familienname findet sich allerdings im Chorumgang der Marienkirche: Oxenstierna. Der Graf, dem diese Widmung um 1900 gilt. Aus Dankbarkeit von der protestantischen Seite:

Für Johann Oxenstierna Södermöre und dessen erste Frau, die 1646 in Osnabrück gestorben ist - Anna Margareta Sture zu Hörningsholm.
Im Internet Portal Westfälische Geschichte eine kurze Biografie des Grafen, darunter Episoden, die gern auch heute noch erzählt werden:
1641 schickt ihn sein Vater - von dem er in den Jahren 1642 bis 1649 248 Instruktionen erhält - nach Deutschland. Er soll die politischen Interessen seines Vaters gegen den Wunsch der jungen Königin nach einem schnellen Friedensschluß durchsetzen. Nach Reorganisation der Verwaltung im besetzten Pommern und Verhandlungen mit dem brandenburgischen Kurfürsten zieht Oxenstierna am Abend des 27.03.1643 (alten Stils) in Osnabrück ein: 60 Ritter reiten ihm auf der Straße nach Minden entgegen und geleiten ihn, dem eine lange Wagenreihe folgt, unter Salut in die Stadt; 500 Bürger bilden in den Straßen Spalier. Er bezieht mit einem Gefolge von 144 Personen die Herrenhöfe an der Kleinen Domsfreiheit (später Schwedenstraße). Wegen seines standesbewußten Auftretens kommt es zu Spannungen mit dem zweiten schwedischen Gesandten Johann Adler Salvius, der die Interessen der Königin vertritt, gegen dessen politische Erfahrung er sich nicht durchsetzen kann. Der französische Gesandte Abel Servien charakterisiert ihn als ein hoch intonirtes, aufgeblasenes Subjectum, dabei nichts in Recessu. Der venezianische Gesandte Contarini mokiert sich darüber, daß Aufstehen und Zubettgehen des schwedischen Prinzipalgesandten mit Pauken und Trompeten verkündet würden. Für die repräsentative Ausstattung seiner Gesandtschaft bewilligt ihm Stockholm 9870 Reichstaler. Für diesen Betrag bringt Oxenstierna Möbel, Tapisserien, Ledertapeten, Teppiche, Küchengeräte, Leinenzeug und ein 72teiliges Silberservice mit. Damit kann er dieselbe Zahl von Gästen bewirten wie der kaiserliche Gesandte Johann Ludwig Graf von Nassau. Oxenstierna gilt als ausgesprochen trinkfreudig: Der Magdeburger Kapitelsekretär Wegner ißt vor seinen Besuchen bei Oxenstierna stets Bittermandeln, um nüchtern zu bleiben. Gemeinsam mit seiner ersten Gemahlin stiftet Oxenstierna einen silbervergoldeten Altarkelch für die evangelische Marienkirche und ein Pedal für die Orgel. In Oxenstiernas Quartier wird am 06.08.1648 der Osnabrücker Teilfriede verlesen und beschworen. Am 24. Oktober unterschreibt er mit Salvius in Münster das Osnabrücker Friedensinstrument.

von Doris Gerstl
als Quelle wird auch Duchhardt, Heinz / Dethlefs, Gerd / Queckenstedt, Hermann | "...zu einem stets währenden Gedächtnis" | S. 214f genannt.

Sunday, March 28, 2010

Busan Motor Show 2003 - Karmann

Hier in Korea waren sie noch Konkurrenten unter mehreren. Magna aus Österreich und Karmann in Osnabrück. Das Dachsystem für Hyundai-Korea blieb nur ein Projekt. Der Auftrag ging an andere.
Nun ist dieser Teil Karmanns von Magna übernommen, fast. Warten wir auf das Urteil vom Kartellamt.

Tuesday, March 23, 2010

Ausschnitt


Nimmt man Teile der Osnabrücker Geschichte, zum Beispiel das hier aus der Marienkirche, dann bleiben Rätsel. Wieviel wissen wir tatsächlich über Vergangenes? Wohl nicht viel. Siehe oben.