Tuesday, July 27, 2010

Unsere Nachbarn

Der Erste Weltkrieg. Und in den Gesichtern ist der selbe Ausdruck, wie er über 20 Jahre später wieder passen könnte. Zeitlos. Belgische Soldaten.

Flickr-Mitglied "drakegoodman" lädt unablässig alte Fotos hoch, vor allem von deutschen Soldaten dieser Zeit. Und es interessant zu beobachten, dass selbst über 90 Jahre später die Bildererinnerung wieder zunehmen kann. Dank Internet. Sonst würden unsere Eindrücke auf einige wenige Bilder reduziert, trotz Millionen toter Soldaten. Das ist der Gegentrend.

Sunday, July 11, 2010

Hexen und Zauberinnen in Osnabrück


Wer ein wenig die Osnabrücker Geschichte kennt, wird sehr bald auf die sogenannten Hexenverfolgungen stoßen, die in Wellen im 16. und 17. Jahrhundert auftraten.
Gemeinhin wird so etwas dem Mittelalter unterstellt. Und das beginnt in Osnabrück um 800. Bis Mitte des 16. Jahrhundert müssen also fast 800 Jahre vergehen und wir landen dann aber nicht im Mittelalter, sondern in der Neuzeit. Viele Faktoren führten zu den in diesem Maße unbekannten Vorgehen gegen verdächtige Personen, vor allem Frauen.
Auf Themenführungen durch die Osnabrücker Altstadt kann man die örtlichen Details erfahren und ein Historiker bestätigt in einem 2007 erschienen Buch die in Osnabrück erklärten komplexen Zeitumstände, Änderung der Rechtsanwendung oder zum Beispiel:
"Theoretisch hätten die Prozesse vor ein kirchliches Gericht gehört - und die populären Vorstellungen nehmen genau das an-, aber es sind die weltlichen Gerichte, die im Sinne der von den spätmittelalterlichen Stadträten entwickelten Aufsicht über die Sitten diese Prozesse führten." (Schubert 2007). Passt genau auf Osnabrück.

Ernst Schubert in "Räuber, Henker, Arme Sünder (2007):

Im Kapitel 7 Die Hexenprozesse:

Die Forschungsgeschichte der Hexenprozesse erweist, wie tief das Vorurteil von der Grausamkeit des Mittelalters selbst in der Wissenschaft verwurzelt war. Ungeachtet aller Quellenaussagen stand lange fest: Der Hexenwahn gehört zum Mittelalter; die frühneuzeitlichen Massenprozesse sind nur Folgeerscheinung. Kritische Stimmen gegen diese Auffassung mehren sich zwar seit etwa zwei Dezennien, aber sie sind erkennbar noch nicht in das allgemeine Bewusstsein gedrungen.


Im Gegensatz dazu ist im Buch der Johanneskasten im Bucksturm erwähnt, und hier treffen wir nun eher auf einen ungewöhnlichen aber mittelalterlichen Strafvollzug.

Wie akribisch Vorgänge um verfolgte und als Hexe beschuldigte Frauen in Osnabrück aufgezeichnet wurden, zeigt dieser Brief der Ratsherren vom 7. Mai 1583 an das Domkapitel, dass besagte Frauen, die auf die katholische Johannisfreiheit der Neustadt geflohen waren, auszuliefern seien. Ein diplomatisches Schriftstück. Im übrigen wird hier von Zauberinnen gesprochen:


Johanniskirche Osnabrück
Johanniskirche, Kapitelhaus
In diesem Bereich Osnabrücks gab es keine Hexenverfolgungen.

Thursday, July 01, 2010

Das Dreieck

Now we (German fans) feel the same
Eines der Bilder, an die ich mich gut vor vier Jahren in Osnabrück erinnern kann, ist der türkische Fan vor einem Supermarkt in der Iburger Straße. Nicht die deutsche Mannschaft hatte er unterstützt sondern die argentinische bei der WM 2006. Und die hatte gerade verloren.
Nur, diesmal spielt unter anderem Mesut Özil, geboren in Gelsenkirchen, und alles sieht ziemlich anders aus im deutschen Nationalteam.
Cyrus Farivar hat einen kurzen Podcast darüber verfasst. Cyrus, ein Iraner aus San Francisco, jetzt in Bonn lebend. Neue Zeiten:
Mesut Özil

Steinernes Mittelalter in Osnabrück

Fachwerk steht für Mittelalter, so sehen es viele. Auch in Osnabrück. Doch ist Holz wirklich der wichtigste Baustoff gewesen? Zumindest besteht der Verdacht, dass er in Osnabrück nur bedingt eine größere Rolle spielt. Der Historiker Dr. Karsten Igel hat dazu einen Beitrag verfasst, der seit einigen Monaten im Internet nachzulesen ist:
Die Rekonstruktion des städtischen Raums

... Und, etwas provokativ gefragt, wo finden sich
denn die eindeutigen Belege für diese Fachwerkhäuser? Denn im Blick
auf das Baumaterial täuschen auch die repräsentativen Fachwerkgiebel
der großen Dielenhäuser des 16. und 17. Jahrhunderts (Abb. 6), die nach
zwei verheerenden Bränden der Jahre 1530 und 1613 entstanden:
Mit ihren massiven Brandmauern und rückwärtigen Steinwerken waren sie
eigentlich Steinhäuser mit Fachwerkgiebeln.
Das bisherige Rekonstruktionsmodell beruht wohl auch auf dem Gedanken, dass das Steinwerk vor allem dem Brandschutz diente, das Vorderhaus daher brandgefährdet,
also hölzern, gewesen sein müsse.
Ein so massiver Baukörper diente aber ebenso der sozialen Distinktion.
Auf die Baugestalt wirkten zudem die Möglichkeiten der Baustoffversorgung ein: Während Stein und Kalk unmittelbar vor den Osnabrücker Stadttoren abgebaut werden konnten und Steinbau dank der geringen Transportkosten somit vergleichsweise
günstig war, konnten die Verknappung von Holz und die daraus folgenden
Preissteigerungen gerade auch aufwändig gestaltete Fachwerkgiebel zu
einem repräsentativen Prestigeobjekt werden lassen.
Für die Fachwerkgiebel des 16. und 17. Jahrhunderts sollte auch der Einfluss von Moden bedacht werden, auf einen Wandel vom Stein zum Fachwerk hat Heinrich Stiewe im Rahmen seiner Arbeit zu Blomberg hingewiesen.
Die Strukturen des Spätmittelalters müssen sich darin jedenfalls nicht notwendig
widerspiegeln. Die hohe und günstige Verfügbarkeit von Stein dürfte
auch die anscheinend beispielslos massive Bauweise der Osnabrücker
Steinwerke erklären, macht es aber ebenso wahrscheinlich, dass über
diesen Bautyp hinaus Steinbau alles andere als die Ausnahme im mittelalterlichen Osnabrück war. ...

Hier ein Beispiel für ein vermeintliches Fachwerkhaus in der Kleinen Gildewart. Von der Seite sieht es schon ganz anders aus:
Gildewart
Und noch mehr, wenn ein Steinwerk dazugehört wie in der Krahnstraße, Marienstraße:
Osnabrück Steinwerk Cafe Laer
Und auch die Höfe und Herrensitze in Osnabrück neigten zum Steinbau, der Hakenhof in der Neustadt ist so ein Beispiel:
Osnabrück Neustadt