Thursday, June 12, 2008

Eine Diplomarbeit von Andreas Niemuth - Neue Methoden in der Archäologie in Osnabrück

Teil1
Die Archäologie hat in den letzten Jahrzehnten eine rasante Weiterentwicklung erlebt. Ich meine nicht die traditionelle Altertumsforschung, sondern die noch recht junge Stadtkernarchäologie. Seit den Anfängen der modernen Geschichtsschreibung vor etwa 200 Jahren, für die in Osnabrück Namen wie Möser, Stüve und Rothert stehen, reichte die meiste Zeit das Studium der schriftlichen Dokumente. Doch viele Folgerungen daraus waren reine Vermutungen: Wie die Stadt im Mittelalter aussah, wie die natürlichen Verhältnisse beim Beginn um 800 waren,alles abgeleitete Thesen.
Mit Professor Wolfgang Schlüter wurde ab den 1970er Jahren das erste Mal mit alternativen Methoden gearbeitet. Zum Beispiel wurde die Topographie der Altstadt erfasst. Die Höhenlinien erkundet. Kein Wunder, dass der Dom tatsächlich auf der höchsten Erhebung dieses Bereichs erbaut wurde, wie festgestellt wurde. Aber auch die Konturen der mittelalterlichen Bachläufe ließen sich grob rekonstruieren. Der Dom lag auf einer inselartigen Sandkuppe, auch die Marienkirche. Wasserläufe zerschnitten auf dem Weg zur Hase das Gelände. Bäche, die jetzt zum Teil noch als Kanalzüge wieder erkannt werden können.
Hier ein Beispiel für die Bedeutung der Wasserläufe nicht weit von der Haseniederung, ein kommentiertes Foto bei jooos., zum Standort des sogenannten "Alten Rathaus".
Zu den schriftlichen historischen Dokumenten äußerte sich Günther P. Fehring in seinem Buch "Die Archäologie des Mittelalters" noch im Jahr 2000:
...
Zum Gegenstand "Stadt" z.B. berichten die Schriftquellen über Stadtrecht und -verfassung, politische, wirtschaftliche und soziale Geschehnisse. Selten oder nie informieren sie über materielle Umweltbedingungen - Geologie, Klima, Flora und Fauna-, unter denen eine Stadt entstand und sich entwickelte. Ebensowenig belegen sie zumeist die topographisch-bauliche Entwicklung, Hausbau und Hausausstattung. Ähnlich steht es schließlich mit dem alltäglichen Hausrat und Gerät der Menschen sowie etwa mit ihrer Ernährung. Als weiteres Beispiel sei das Befestigungswesen genannt: Politische und kriegerische Hintergründe sowie Fragen des Befestigungsrechts finden Niederschlag in den Schriftquellen. Nichts steht in der Regel über Größe, Unterteilung, Konstruktion, Bebauung und Besiedlung der jeweiligen Anlage.
...

Genau hier setzt die kürzlich vorgelegte Arbeit von Andreas Niemuth an. Sie zeigt deutlich, wie wichtig naturwissenschaftliche Methoden in der Geschichtsforschung geworden sind. Hier der offizielle Titel:
Fachhochschule Osnabrück
University of Applied Sciences
Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur
Studiengang Bodenwissenschaften
Diplomarbeit

Bodenkundliche Untersuchungen zur Rekonstruktion der mittelalterlichen
Landschaft und ihrer Nutzung in der Haseniederung der Stadt Osnabrück


Hinter dem Priesterseminar an der Domsfreiheit lag der Schwerpunkt der Untersuchungen. Andreas Niemuth während der Ausgrabungen an der Hellingsmauer im Frühjahr 2007.Links die Hase, in der Mitte die Mauern des bischöflichen Gartens und links davon unter der Oberfläche, nicht sichtbar, die Fundamente der Hellingsmauer:
Andreas Niemuth
Und es zeigte sich, dass auch die archäologischen Skizzierungen zu den ursprünglichen Verhältnissen in Osnabrück noch einer Überprüfung, zum Beispiel durch die Bodenkunde, bedürfen.

Teil 2 folgt

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